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Johanna Mildner über die schwierige Saison der Klosterspieltage – Neuerungen„Der Charme des Neuen war nicht mehr da“

ALSFELD. Als die Premiere am 22. Juni vor rund 130 Zuschauern so richtig klappte, da herrschte eitel Sonnenschein in der abendlichen Klosterruine: Der Auftakt zur zweiten Runde der Alsfelder Klosterspieltage war geschafft, und allen hat es gefallen. Doch danach wurde es schwieriger: Die Zuschauer blieben aus, ließen sich bis zum Schlusswochenende bitten, ehe die letzten drei der insgesamt Vorführungen mit vollen Stuhlreihen noch versöhnten. „Es lief denn ganz ordentlich“, resümiert die Regisseurin Johanna Mildner in einem Gespräch mit Oberhessen-live. Dennoch: Bei dem Projekt „Theater in Alsfeld“ soll sich etwas ändern.

In der Tat mussten die 19 Darsteller von dem diesjährigen Stück „Zirkus in der Klosterruine“ einiges Stehvermögen mitbringen, um vor eher magerem Publikum für acht Aufführungen Motivation mitzubringen. Tiefpunkt war gleich der zweite Abend, als sich am Ende eines frischen, feuchten Tages ganze 13 Besucher vor die Bühne  verirrten. Lange Gesichter vor allem bei den vielen jungen Darstellern im Team. Da stand die Entscheidung an: Sollen wir überhaupt auftreten? „Aber die Leute, die da waren, konnten ja nichts dafür.“ Die Leute, die nicht da waren – die waren das Problem.

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Laientheater der gehobenen Art: Stefan Hädicke in einer Szene.

Das war im ersten Jahr anders. Da erfreuten sich die Klosterspieltage vom Eröffnungsfest bis zum abschließenden Schmaus im Garten regen Besuchs. Gefördert von dem Bundesprogramm „Toleranz fördern, Kompetenz stärken“ gab es 2013 auch schon einen bunten, multikulturellen Veranstaltungsreigen, dessen Kernstück, die Theateraufführungen, im Klostergarten die Stuhlreihen meist zufriedenstellend füllten. Indes: „Der Charme des Neuen war nicht mehr da“, meint die Regisseurin.

Die Alsfelder ließen sich bitten, die zweite Auflage zu besuchen. Obwohl aus versicherungstechnischen Gründen nur noch 200 statt 250 Stühle standen, blieben viele Reihen leer. Nach dem Tief in der Mitte der Spielzeit waren die letzten Aufführungen denn doch noch gut besucht – ohne je ausverkauft zu sein – so dass das Darsteller- und Helfer-Team und auch Johanna Mildner sich am Ende versöhnt zeigten. Aber eine Spanne von 13 bis 150 Besuchern: Die regt doch zum Nachdenken über Ursachen an.

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„Abgehauen aus Ruinen!“ Der sächselnde Holger Meier-Schabl als Minmax im Zirkus.

Lag es am wechselhaften Wetter? War es das Stück, das Johanna Mildner zusammen mit Andreas Berger geschrieben hat? Lag das mäßige Interesse wohlmöglich am Eintrittspreis von immerhin 13 Euro für Erwachsene – ein recht professioneller Preis. Den unterschwelligen Vorwurf wehrt die 38-Jährige ab: „Ich empfinde das nicht als professionell. Das ist einfach gerechtfertigt!“ Denn so ehrenamtlich viele Mitwirkende auch dabei sind: Die aufwendige Licht- und Tontechnik habe einfach ihren Preis. „Wir können auch Schülertheater machen“, sagt die Profi-Schauspielerin, „da ist alles viel einfacher.“ Tatsache sei aber auch: „Die Leute, die da waren, sind nicht enttäuscht worden.“ Nein, über den Eintrittspreis möchte Johanna Mildner nicht diskutieren.

Eher schon über das Stück selbst: „Ich frage mich schon, ob es das richtige Stück ist.“ Die Geschichte vom Zirkus in der Klosterruine beruhte zum Teil auf der Vorgänger-Geschichte vom Geheimnis der Klosterruine, die wiederum auf einem Roman des verstorbenen Autoren Karl Brodhäcker fußt. „Die war erfolgreich, das haben wir fortgesetzt.“ Jetzt grübelt sie: Sol’s noch einmal ein Musical sein wie „Hair“ im Jahr 2010, das viermal 500 Besucher in die Hessenhalle lockte? Sollten vielleicht nur Erwachsene mitspielen? Aber sie würde schon gerne weiter von dem Förderprogramm profitieren, dessen Anspruch „Kompetenz fördern“ auch etwas mit Jugendförderung zu tun hat. „Ich finde, dass es wichtig ist, dass Kinder und Erwachsene spielen.“ Es sind viele Fragen offen.

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Stimmungsvoll: die Bühne im Klostergarten in abendlicher Beleuchtung.

„Es muss etwas Neues geben, ich weiß nur noch nicht, in welcher Form“, sinniert Johanna Mildner. Aber sicher sei: Noch einmal acht Aufführungen soll es kommendes Jahr nicht geben. Vier besser besuchte Theaterabende würden offensichtlich auch genügen. Immerhin stecke dahinter ein riesiger Aufwand: Arbeit über sechs Wochen, die sich zuletzt zu einem Fulltime-Job verdichtet.

Da würde sie sich auch über Helfer freuen – am liebsten nicht mit dem Pauschalshilfangebot, sondern mit einer konkreten Dienstleistung, „zum Beispiel, dass das jemand kommt und sagt: Ich baue das Bühnenbild!“ Und sie würde sich auch über Kritik freuen, meint johanna Mildner – konstruktive, natürlich. „Ich möchte ernsthafte Kritik hören. Ich will mich ja auch verbessern.“

Von Axel Pries

Johanna Mildner im Kurz-Interview: „Es macht immer noch Spaß!“

Nachdem das erste Jahr zu einem bejubelten Einstieg geriet, erschien das zweite sehr viel schwerer. Ist das so?

Ja, ich glaube, aufgrund der Wetterlage und möglicherweise auch wegen des ähnlichen Titels war’s etwas schwieriger, die Leute zu motivieren: ‚Da gehen wir wieder hin‘.
Oder es war doch so kalt, dass die Leute darauf warteten, dass die Sonne rauskommt.

Es gab einen Abend mit 13 Zuschauern. Das war Frust?

Das war gemein, aber das war ja voraus zu sehen. Es hatte den ganzen Tag geregnet und hatte wirklich pünktlich am Abend aufgehört. Es war abgekühlt, die Luft war feucht. Aber die wenigen Leute die da waren, die hatten sich darauf gefreut, und dann haben wir halt gespielt. Aber gelohnt hat es sich nicht wirklich. Das kenne ich auch: Vor so wenigen Leuten zu spielen, ist gemein.

Nach den vielen Vorschusslorbeeren: Ist die zweite Saison enttäuschend gewesen?

Enttäuschend nicht. Das wäre wirklich zu viel gesagt. Wir hatten gehofft, dass so viele Leute kommen wie im Vorjahr. Dass es einige weniger waren, ist natürlich schade. Weil die Arbeit dieselbe war.

Am Stück lag es nicht?

Das weiß ich nicht. Das ist eine typische Fortsetzungsgeschichte gewesen. Als wir das geplant haben, war das gerade wahnsinnig angesagt, wenn man sich die Kino-Programm mal anschaut. Entweder war das ein Denkfehler, vielleicht wollten die Leute auch etwas anderes sehen.

Hast du aus dieser Saison eine Lehre gezogen?

Was mich persönlich angeht: Ja! Nämlich, dass ich Dinge abgeben muss, Arbeit abgeben muss. Und, dass dieser alte Satz – Selber machen, wenn man will, dass etwas funktioniert – nicht wirklich stimmt, wenn man ein bisschen auf seine Gesundheit achten will. Denn es sind genug Leute da draußen, die das auch sehr gut können.

Ist das ein Hinweis aufs nächste Jahr? Suchst du Helfer?

Darüber würde ich mich sehr freuen – und zwar über konkrete Angebote.

Aber das Konzept selbst steht nicht in Frage…

Nein! Das bezweifle ich gar nicht an. Das machen wir weiter. Es macht immer noch Spaß!

 

 

 

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