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Parlament verabschiedet genehmigungsfähigen Etat – Steuern und Gebühren kletternAlle Lauterbacher zahlen für den Ausgleich

LAUTERBACH (aep). Ziemlich genau drei Stunden dauerte der letzte Part im Lauterbacher Kraftakt zur Haushaltskonsolidierung, aber dann stand fest am späten Montagabend: Der neue Etat liegt im vorgegebenen Soll und kann genehmigt werden. Die Stadt kann dann wieder planen und planvoll Geld ausgeben. Den Preis dafür zahlen aber alle Lauterbacher auf allen Ebenen: Gebühren und Steuern steigen spürbar. Vorneweg die Grundsteuern. Deren Hebesätze springen auf 630 Prozent – das liegt in der Spitze Hessens, deutlich vor Gießen, weit vor Alsfeld. Und darum gab es nicht einmal Streit unter den Fraktionen.

Zur Erinnerung: Seit April ringen die Fraktionen im Lauterbacher Stadtparlament darum, den mangels Genehmigung auf Grund gesetzten Haushaltsplan 2014 wieder flott zu bekommen. Den ersten vorgelegten Etat hatte das Regierungspräsidium in Gießen nämlich abgelehnt, weil er nicht den Bestimmungen im Schutzschirmvertrag entspreche. Mehr als 2,5 Millionen Euro Defizit: Das war nicht genehmigungsfähig. Über mehrere Sitzungen ging das Stadtparlament die Aufgabe an, das Defizit so zu drücken, dass es den Vorgaben entspricht, die die Stadt mit dem Land Hessen eingegangen war – um dann dafür 14 Millionen Euro Schuldenausgleich zu bekommen. (Siehe Oberhessen-live in einer Zusammenfassung der Situation samt einem Gespräch mit dem Bürgermeister und auch den Bericht über eine vorherige Sitzung zu dem Thema.)

Am Montag sollte beschlossen werden, was die Fraktionen in teilweise kontroversen Sitzungen an Lösungen ermittelt hatten  wobei die Richtung sich schon früh abzeichnete: Es wird einiges teurer werden: Bücherei, Kindertagesstätten, Friedhof, Freizeitzentrum – Grundeigentum.

Vergeblicher Besuch beim Finanzminister

Der am Montag beschlossene Sprung fiel dann sogar noch größer aus, als sich in den vorherigen Sitzungen abzeichnete – was wohlmöglich auch an einem Besuch lag, den Bürgermeister Rainer Hans Vollmöller zwischenzeitlich in Wiesbaden unternommen hatte. Zusammen mit den Spitzen der Fraktionen und der Verwaltung hatte er vor Wochen schon mit Finanzminister Dr. Thomas Schäfer über die Möglichkeit gesprochen, so erinnerte er am Montag, die Regeln  der Konsolidierung in Lauterbach etwas zu lockern, um das Ziel realistischer zu gestalten. Stattdessen habe der Minister den Lauterbachern erklärt, dass sie in den letzten 15 Jahren deutlich über die Verhältnisse gelebt hätten: Die Ausgaben seien zu hoch gewesen. Jetzt müssen die Einwohner dafür zahlen.

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Die Bücherei wird teurer: 28 statt 15 Euro soll der Jahresausweis kosten.

Am auffälligsten die Anhebung der Grundsteuern A und B. Deren Hebesätze springen rückwirkend zum 1. Januar 2014 von 400 auf 630 Prozent, womit Lauterbach in der Spitze der hessischen Kommunen liegt. Zum Vergleich: Alsfelds Bürgermeister Stephan Paule war jüngst mit dem Plan gescheitert, die Grundsteuer auf 560 Prozent anzuheben, um den maroden Haushalt auszugleichen..

Mehr als 1,1 Millionen Euro soll die drastische Anhebung in Lauterbach einbringen. So hoch bleiben die Hebesätze aber nicht: 2017 sollen sie auf 600 und 2018 wieder auf 550 Prozent zurückgefahren werden. Bis dahin soll der stdätische Haushalt laut Plan bereits ein spürbares Plus aufweisen. Vorerst bleibt der Etat aber sogar im Minus: um 460.000 Euro – bei 493.000, die erlaubt wären. Kommendes Jahr soll das Defizit bei 80.000 Euro liegen – und sich dann in Überschuss wandeln.

Kindergärten und -hort werden teurer

Teurer werden zugleich aber auch mehrere städtische Einrichtungen. Um durchschnittlich rund sechs Prozent steigen zum Beispiel die Gebühren für Kindertagesstätten. Die Gebühr etwa für den Kinderhort von derzeit 164 auf 174 Euro monatlich ab dem 1. August – und auf 191 Euro ab dem 1. Januar 2015. Ein Ganztagesplatz im Kindergarten kostet ab dem 1. August durchschnittlich 200 Euro im Monat zuzüglich Essensgeld. Teurer wird auch das Ausleihen von Büchern: Der Preis für den Einzelausweis für ein Jahr soll von 15 auf 28 Euro steigen. Einen Hund zu besitzen wird ebenfalls teurer: Die Hundesteuer steigt von 60 auf 84 Euro.

Die Palette der Maßnahmen ist noch breiter: Auf steigende Preise können sich die Nutzer des Freizeitzentrums einstellen, da die Stadt ihren jährlichen Zuschuss in Höhe von 500.000 Euro um zehn Prozent senken will. Die Friedhofsgebühren werden steigen. Die Dorfgemeinschaftshäuser sollen Vereinen als Träger angeboten werden, das Feuerwehrgerätehaus in Reuters wird zum Verkauf angeboten, für die seit Jahren angedachte Rathaus-Sanierung gibt es nur noch eine Minimallösung. Geprüft wird, was eine Verlegung des Touristenbüros einbringt, und wie die Kosten der Kläranlage minimiert werden können.

Noch ein Auftrag erging an die Verwaltung: nämlich eine künftige Bewirtschaftung der Parkflächen vorzubereiten. Sprich: Es gibt neue Parkgebühren.

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In zwei Stufen steigt auch die Gebühr für den Kinderhort: auf 191 Euro monatlich ab dem 1. Januar 2015.

Mehrheit quer durch die Fraktionen stimmt dafür

Über die Notwendigkeit eines solchen Maßnahmenbündels zeigten die versammelten Stadtverordneten in dem Abstimmungsmarathon weitgehend einige Einsicht. Quer durch die Fraktionen stimmten etwa 23 der 29 anwesenden Stadtverordneten für die Anhebung der Grundsteuer A, und bei der B-Steuer waren es sogar 25. Am Ende stimmten sie auch für einen Doppelhaushalt 2014/15, der Lauterbach wieder handlungsafähig macht. Den energischsten Widerstand gegen die Steueranhebungen bot der CDU-Stadtverordnete Rainer Visse. Er sah in der drastischen Anhebung den Einstieg in eine neue Bürgersteuer und verlangte, „das Grundproblem“ anzupacken.

im Katalog der kleineren Streichmaßnahmen befindet sich übrigens auch eine, die in der Lauterbacher Stadtverwaltung wahrscheinlich nicht gut aufgenommen werden wird: Auch für den jährlichen Betriebsausflug gibt es keinen Zuschuss mehr.

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