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Der couragierte Ersthelfer bewegte viele Leser von Oberhessen-liveDie Sehnsucht nach Vorbildern für uns

MEINUNG Wie soll man es anders sagen? Dass es eine schöne Geschichte werden würde, das hatte ich gedacht. Aber die gewaltige Resonanz, die der Artikel über den selbstlosen Ersthelfer auf dem Asphalt in Alsfeld gestern hervorgerufen hat, die hätte ich nie erwartet. Als dieser Bericht über einen kleinen Unfall gestern Nachmittag bei Oberhessen-live online ging, löste er eine wahre Lawine aus, die sich in einer einfachen Zahl wiedergeben lässt: 11.700 Besucher wurden bis Mitternacht registriert – das sind mehr als nach dem Alsfelder Doppelbrand im Januar. So ein Interesse ist für Oberhessen-live natürlich erfreulich.

Der Alltagsheld bewegt, weil er ein  Vorbild ist

Aber interessant ist vielmehr noch: Es war ja keine schreckliche Sensationsgeschichte mit Voyeursbefriedigung, die so große Kreise zog – die auf Facebook 182 Mal geteilt wurde, die dort 55.500 Mal angeschaut und 625 Mal gelikt wurde Die ein Vielfaches an Aufmerksamkeit erzeugte als jeder Unfall, als das Auto-Attentat auf die Altstadt. Dabei ging es „nur“ um eine Viertelstunde, in der ein Mann das tat, was wir uns alle wünschen, wenn wir in der Lage wären: Er kümmerte sich intensiv um einen Verletzten.

Erwin Schneider heißt er und sagt, das war keine Heldentat. Ich glaube, er irrt ein bisschen. Die riesige Resonanz zeigt: Für uns war er 15 Minuten lang ein Held – und auf jeden Fall für den Unglücklichen, der mit seinem Moped über eine Asphaltkante stürzte. Er war ein Vorbild – und ich glaube, wir sehnen uns alle nach Vorbildern, denen wir nacheifern können. Vor allem für Situationen, die so in unserem Alltag stattfinden. Was da in der Grünberger Straße geschah, kann jeden von uns treffen. Ich glaube, Erwin Schneider hat vorgemacht, was zu tun ist: in jedem Fall nicht tatenlos bleiben, wenn wir etwas tun können.

Plötzlich war das das Bild

Das war übrigens auch der Hintergrund, dass diese Geschichte überhaupt zustande kam. Ich war nicht einer der Ersten am Unfallort, aber noch früh genug, um zu sehen, wie der Helfer begann, sich um den Unglücklichen auf dem Asphalt zu kümmern. In einem Reflex lenkte ich meinen Wagen auf den Hof der Brauerei, stieg aus – ohne Kamera! – um etwas zu tun. Da waren eigentlich genügend Leute, mancher hatte ein Handy am Ohr. Die Situation schien bereinigt, aber ich lief auf die Straße, um Autos zu warnen – das war mehr eine Übersprungshandlung als wirklich sinnvoll. Das sah ich auch ein, stieg wieder ins Auto, reihte mich in die Schlange ein, und erst aus dieser Sicht entdeckte ich das Bild.

Normalerweise war dieser Unfall für Oberhessen-live kein Fotomotiv: ein blutender Verletzter auf der Straße – dafür ist eine große deutsche Boulevard-Zeitung zuständig. Aber wie da ein Mann einen anderen stützt – im Straßenverkehr, allein auf dem blanken Asphalt. Das Bild hatte geradezu archaische Kraft. Auch von hinten, ohne Details und ohne, dass es jemanden bloßstellt. Dazu: Der Helfer harrt immer noch aus, er stellt alles hintenan, was jetzt nicht wichtig ist – auch die eigene Sicherheit. Das wollte, das musste ich beschreiben. Hielt also wieder an und kehrte zurück zum Geschehen, diesmal mit Kamera. Da kniete ein Held des Alltags.

Gesucht: die Helden in unserem Alltag

Nun denke ich mir, dass der so hilfreiche Fahrlehrer doch nicht der einzige ist. Es gibt sicherlich in unserem Alltag viele kleine und große Helden mehr, die niemals erwähnt werden. Die aber auch erstrebenswerte Vorbilder sind. Das mag bei dem Jugendlichen anfangen, der mit der alten Frau in der Nachbarschaft immer einkaufen geht. Das mag ein Vereinsmitglied sein, ohne dessen Einsatz es den Verein nicht mehr gäbe. Das kann aber auch der couragierte Helfer sein, der sich bei einem Disacoabend zwischen Streitende stellt und eine bedrohliche Situation entschärft.

Kennen Sie solche Menschen? Dann erzählen Sie es mir! Bei Oberhessen-live würde ich gerne Helden des Alltags einmal vorstellen. Auf dass wir an solchen Vorbildern wachsen können. Kontakt: redaktion@oberhessen-live.de / 06631-79 34 974.

Herzliche Grüße,
Ihr Axel Pries

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