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Christoph Diehl hat seine Wette gewonnen: ein Monat "ohne"Wieder glücklich mit Handy, Auto und Co.

ALSFELD (aep). Es sollte ein paar Minuten dauern, bis es wieder einsatzbereit war, aber egal: Hauptsache das Gerät ist wieder da! Christoph Diehl, der junge Mann aus Alsfeld, der für eine Wette einen Monat lang das Verzichten lernte, hat seine Sachen wieder bekommen: Handy, EC-Karte und Autoschlüssel. Er hat durchgehalten – mit der Hilfe einiger Freunde – und dabei auch eine Diskussion angestoßen: Brauchen wir das alles? Wie süchtig sind wir nach Smartphone und Mails?

Zum Jahresbeginn hatte der 19-Jährige Handy, Autoschlüssel und EC-Karte bei der älteren Schwester Michaela zur Aufbewahrung abgegeben und damit die Wette gestartet, die er mit seiner Mutter eingegangen war: 500 Euro, wenn er einen Monat „ohne“ auskommt. Oberhessen-live hatte davon berichtet und Christoph dann wöchentlich nach dem Befinden befragt. Was er erzählte, war erstaunlich.

Anfänglichen Entzugserscheinungen, verbunden mit der Selbsterkenntnis, offenbar ziemlich süchtig nach Handy-Kontakt zu sein, folgte geradezu Euphorie: Der junge Mann, der einmal Erzieher werden möchte, fühlte sich freier und ausgeglichener, seit er nicht mehr ständig den Mail-Eingang im Blick haben musste. Seit er seine Einkaufstouren besser vorplante, weil er zu Fuß gehen musste. Und überhaupt: Die Rolle als freiwilliger Außenseiter gefiel ihm auch irgendwie. Freunde sprachen über seinen Versuch, sogar im Schulunterricht wurde die Abhängigkeit von solcher Technik angesprochen. Die Wette geriet zum Sozial-Experiment. Und irgendwie war es geradezu cool ohne Handy und Auto – wenngleich er sich beides auch zurückwünschte. Knapp wurde nur das Geld: Er hatte seinen Verbrauch nicht gut vorberechnet. Freunde mussten am Ende aushelfen.

Übergabe vor der Schule

Freitagmittag war es soweit. Treffpunkt war vor der Max Eyth-Schule. Christoph ist da, seine Schwester Michaela, und ein paar Kumpel werden Zeuge der Übergabe: Smartphone, Autoschlüssel und EC-Karte wechseln den Besitzer, Christoph strahlt: „mein Smartphone!“ Die Kumpels grinsen. Christoph schaltet es sofort ein, und das Ding beginnt erst einmal zu arbeiten: Es lädt Mails aus dem Netz. Minutenlang, während die jungen Männer die vier Wochen rekapitulieren.

Ja! Es ist ja eigentlich richtig… Es gibt Leute, die werden regelrecht süchtig nach dem Smartphone, räumt man ein. Aber nicht alle. Er schaue eigentlich selten auf sein Handy, erzählt einer. Prepaid reicht, meint ein anderer – es ist halt eine Typ-Sache. Christoph schweigt und beobachtet sein Handy: Es lädt. Ob er was aus den vier Wochen „ohne“ gelernt habe? Ja, sagt der Max-Eyth-Schüler: Er werde sich nicht mehr so abhängig machen von dem Ding. Die Kumpel grinsen. „Das habt Ihr gehört!“

Beim Abschied lädt das Smartphone immer noch Mails aus dem Netz. Es werden, so mailt Christoph später, insgesamt 1500 Stück, die er in den 30 Tagen verpasst hat – nebst 30 Anrufen. Christoph setzt ein lol-Zeichen dazu.

p.s. Er würde die Wette auch wiederholen, sagt Christoph im Gespräch vor der Schule – wenn ihm wieder 500 Euro geboten würden. Gesucht: Leute, die gemeinsam den Wetteinsatz von 500 Euro zusammenbringen.

 

 

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