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Kurs Darstellendes Spiel des Abiturjahrgangs der Albert-Schweitzer-Schule wirft Fragen aufVerwirrung um Manipulation, Politik und eine Brauerei

ALSFELD (ol). Sie verfügen nun schon über fast zwei Jahre Erfahrung: Die jungen Akteure des Kurses Darstellendes Spiel der Q4 der Albert-Schweitzer-Schule. Jetzt präsentierten sie gewissermaßen zum Abschluss ihrer schulischen Schauspielkarriere ein experimentelles Stück, selbst geschrieben und inszeniert unter der Leitung von Veronica Saez, das die Zuschauer unterhielt, aber auch mit vielen Fragen zurückließ.

„Es war einmal… ganz anders“ – schon der Titel deutete an, dass nichts so ist, wie es scheint; darüber konnte auch die nette Märchenerzählerin ganz zu Anfang des Stücks nicht hinwegtäuschen. Und was mochte es wohl mit den vereinzelt auf den Sitzen ausgelegten Smileys auf sich haben? Mit der allseits bekannten Geschichte zweier verfeindeter Brauereien starteten die jungen Leute ihr Spiel: Die Feldalser konkurrieren mit den Bachlauterern. Mit viel Musik und wenig Dialog präsentierten die Darsteller den Arbeitsalltag von Schlümpfen– Symbol für eine Minderheitengruppe – zunächst in der Brauerei, die sogleich einem Donald-Trump-Verschnitt und dessen „Bachlauter-Strategien“ zum Opfer fallen.

Durchgängiges Symbol für unterdrückte Minderheiten – die Schlümpfe in einer weniger witzigen Rolle.

Eine Dame mit Blazer, Pagenkopf und Handraute erscheint auf der Bühne – verfremdet, doch deutlich erkennbar. Sie will die Zwerge retten, mahnt einen menschlichen Umgang an, ihr Credo: „Wir schaffen das!“

Ähnlichkeiten mit lebenden Politikern erwünscht: Merkel und Trump auf der Alsfelder Bühne.

Abrupte Szenenwechsel bestimmten das Stück. Mochte der Zuschauer sich zu Beginn noch fragen, ob sie – da einige Charaktere wiederholt auftraten – am Ende doch einen Zusammenhang hätten, stellte er spätestens ab der Mitte fest: Nein. Die durch lichtarme Umbauphasen auf der spärlich dekorierten Bühne verbundenen Sequenzen waren einzelne Spotlights auf anachronistisch inszenierte historische Ereignisse, auf politische Geschehnisse in Deutschland und der Welt, auf Einblicke in die Lebenswelt junger Menschen. Einzig der Blick auf die manipulatorische Kraft von Menschen und Medien verband die einzelnen Szenen.

„Ich habe einen Traum“ – im Jahr 2017 heißt der: keine Manipulation.

Nelson Mandela enterte die Bühne, bereit für unterdrückte Feldarbeiter in Afrika eine Lanze zu brechen. „Ich habe einen Traum“, heißt es später, nachdem sich eine Reihe junger Menschen von einem unheimlichen Demagogen hat manipulieren lassen und auch die Smileys der Zuschauer zum Einsatz kamen. „Ich habe einen Traum, dass irgendwann niemand mehr durch Medien und Religion manipuliert wird.“ Die Quintessenz dieses kurzweiligen und doch anstrengenden Stücks.

Zwischendurch scheint der Einsatz eines sehr stilisiert dargestellten Albert Einsteins Rettung für Feldalser Brauerei zu bieten, die kurzfristig sinnbildlich für die ganze Welt stehen könnte, während anderenorts Bewohner und Zwerge um die Rechte an einer Rohstoffmine kämpfen, befriedet von keiner Geringeren als der Bürgerrechtlerin Rosa Parks.

Rosa Parks als Friedensstifterin zwischen verfeindeten Gruppen.

Weiter durch Raum und Zeit spielten sich die zehn Schüler, überwanden Moden, Persönlichkeiten und Sprachen mit waghalsigen Anachronismen, die selbst vor einer Adolf-Hitler-Persiflage nicht zurückschreckten. Putin präsentierten sie als böse Hexe im Märchen von Hänsel und Gretel, deren Retterin Merkel nicht müde wird, ihnen ihr „Wir schaffen das“ zuzurufen. Am Ende des Stücks ist die Welt gerettet, so viel steht fest. Oder war vielleicht doch alles nur Manipulation?

Retten sie die Welt oder stürzen sie sie ins multimediale Chaos – sind sie Retter oder Demagogen?

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