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INTERVIEW: Junger Koch und große Ziele: Carsten Schäfer im Gespräch über seine Küche, seine Ziele und seine jetzt schon große Vergangenheit„Entweder du liebst es oder du lässt es“

ALSFELD (ls). Erst 26 Jahre alt, kreativ und äußerst begabt am Herd: Carsten Schäfer aus Lingelbach hat es drauf. Das bewies er auch an diesem Wochenende wieder einmal, als er in seiner ehemaligen Ausbildungsstätte „Hotel zur Schmiede“ beim Front-Cooking sein Können in Sachen Kochkunst unter Beweis stellte. Grund genug, um mal nachzufragen, was wirklich hinter dem talentierten jungen Koch steckt und mit wem er bereits alles zusammengearbeitet hat.

Mike Süsser, Ole Plodstedt, Stefan Marquard und Co. – bekannt aus dem Fernsehen für frisches, gutes und vor allem kreatives Essen. Da reiht sich etwa seit einem Jahr auch der 26-jährige Lingelbächer Carsten Schäfer ein, der nach seiner Ausbildung in der Eudorfer Schmiede zunächst an den Bodensee ging und etwa seit einem Jahr sein eigener Chef ist. Der 26-Jährige kommt gut rum und zählt zu den 30 aufstrebendsten, jungen Köchen Deutschlands.

Wie es dazu kam, was seine nächsten Projekte mit einer Weltreise zu tun haben, warum Stefan Marquard sein Lieblingskoch ist und wer zu Hause am Herd steht, das erzählt er Oberhessen-Live in einem Interview.

Interview mit Carsten Schäfer

Oberhessen-live: Hallo Carsten, schön, dass Du Dir die Zeit genommen hast, Du bist ja sehr viel unterwegs und auch viel beschäftigt. Erzähl doch mal, wie hat das mit dem Kochen angefangen?

Mit dem Kochen habe ich schon ganz früh angefangen. Zusammen mit meiner Mutter habe ich in ihrer Küche gestanden und unglaublich gerne mitgeholfen. In der 8. Klasse mussten wir dann ein Schulpraktikum machen und da bin ich in die Schmiede nach Eudorf gegangen. Daraufhin habe ich fast direkt eine Zusage zur Ausbildung in der Schmiede-Küche bekommen und später dort meine Ausbildung begonnen. Nach der Ausbildung hat mir der Jörg Hoffmann den Kontakt zu Simon Metzler und seinem Hotel Restaurant Bürgerbräu in Überlingen hergestellt, woraufhin ich während meiner Ausbildung noch ein Praktikum dort gemacht habe und danach bin ich da hin gezogen. Zweieinhalb Jahre habe ich insgesamt dort gearbeitet. Simon Metzler selbst ist Schüler von Stefan Marquard gewesen und da ging es kochtechnisch richtig zur Sache – eine sehr kreative und frische Küche.

Ich hatte keine Lust immer das gleiche zu Kochen und das gleiche zu sehen im selben Betrieb.Carsten Schäfer

Danach hatte ich irgendwie eine Phase, in der ich nicht genau wusste, was ich tun möchte. Also habe ich drei Jahre mein Abitur nachgeholt, weil ich Lust hatte, zu studieren und bin zurück nach Hessen. Am Wochenende habe ich immer in der Schmiede in der Küche geholfen. Naja so wirklich wusste ich auch trotz Abitur nicht, was ich tun wollte, und kam irgendwie darauf, dass mich Weinbau sehr interessiert. Mir war aber bewusst, dass ich mit dem Kochen nicht aufhören wollte, und dachte Weinbau und Kochen passt gut zusammen und lässt sich gut kombinieren. Also wollte ich Winzer werden. 2015 bin ich nach Singen an den Bodensee gezogen, wo ich heute noch wohne, um dort meine Ausbildung bei einem Winzer zu beginnen.

Beim Front-Cooking  in der Schmiede glänzte er mit einem vegetarischen Gericht. Foto: cdl

Das habe ich dann fünf Monate gemacht, bis ich festgestellt habe, dass es wirklich gar nichts für mich ist. Außerdem wurde mir in diesen fünf Monaten klar, dass mir das Kochen sehr fehlt: der Stress und die Hitze in der Küche und das gesamte Arbeitsklima. Ich habe mich daraufhin mit dem Simon, der ja zu einer Art Mentor für mich geworden ist, zusammengesetzt und er gab mir den Rat mich selbstständig zu machen. Da habe ich selbst gar nicht dran gedacht, aber seine Argumente waren echt überzeugend. Ich hatte keine Lust immer das Gleiche zu kochen und das Gleiche zu sehen im selben Betrieb.

Oberhessen-live: Was hat sich mit der Selbstständigkeit geändert? Wie kann man sich einen selbstständigen Koch vorstellen?

Durch die Selbstständigkeit komme ich sehr viel rum, lerne viele verschiedene Menschen kennen, viele verschiedene Küchen und andere Kochstile. Jeder kocht anders und ich lerne sehr viel dazu. Momentan ist es für mich noch ein sehr sehr spannendes Abenteuer – ich mache das ganze erst knapp seit einem Jahr (10. Februar). Ähm meine Tätigkeiten sind sehr unterschiedlich. Ich mache das oft für Restaurants, Caterings oder Hotels – praktisch arbeite ich überall dort, wo Fachkräftemangel herrscht und man jemanden braucht. Man kann mich also buchen.

Nicht nur am Boden, sondern auch über den Wolken

Oberhessen-live: Das klingt interessant. Was war Dein spektakulärster Job in letzter Zeit und mit wem hast Du schon alles gearbeitet?

Ich habe unter anderem schon für die RGF, also die Rote Gourmet Fraktion von Ole Plogstedt gearbeitet. Die RGF ist ein Band-Catering, also die begleiten Bands auf Tour. Als ich letztes Jahr dabei war, haben wir die „Beginner“ mit Samy Deluxe begleitet. Insgesamt ging das eine Woche. Das war sehr cool, aber auch sehr anstrengend.

Mit Stefan Marquard war ich unterwegs mit seiner Aktion „Sterneküche macht Schule“. Da fahren sie in Grundschulen oder Unis und machen dort Seminare mit Schülern die Gerichte kochen, die auch später in der jeweiligen Kantine angeboten werden und danach gibt es Schulungen für das entsprechende Küchenpersonal. Das ist eine sehr wichtige Aufgabe, weil die Ernährung in der Schule sehr wichtig ist und dort bisher immer noch sehr viele Fertigprodukte benutzt werden. Gesunde und frische Produkte führen zu einer gesunden Ernährung.

Ich bin auch einmal für ein Catering in einem Privatflugzeug mit geflogen und habe dort über den Wolken in einem Flugzeug gekocht. An dem Tag sind wir von München nach St. Martin geflogen. Das war schon ziemlich interessant.

Oberhessen-live: Wie würdest Du Deine Küche beschreiben? Hast Du eine bestimmte Spezialisierung auf eine bestimmte Küche, wenn Du selbst kochst?

Geil natürlich. Nein das war ein Spaß. Ich habe ein bestimmtes Qualitätsbewusstsein. Es ist ein Muss, dass man mit frischen und gesunden Zutaten kocht. Als Koch muss man eigentlich alles kochen können und so schwer ist das eigentlich nicht, wenn man die Physik der Produkte verstanden hat. Man muss natürlich ein Können haben, alles zubereiten. Was man dann natürlich am liebsten macht, das liegt im jeweiligen Geschmack des einzelnen Kochs. Bei mir ist es die asiatische und die mediterrane Küche, weil ich es selbst auch sehr gerne esse – und dann fällt mir das ein bisschen leichter. Ich finde, das sind beides sehr frische und vielfältige Küchen.

Oberhessen-live: Kannst Du schon verraten, was Dein nächstes Projekt sein wird?

Erst mal hier in der Schmiede das Front-Cooking. Im Anschluss daran gehe ich nach Köln, dort bin ich für einen Caterer tätig. Mein Plan ist allerdings, dass ich das nur noch zwei Jahre lang mache, danach möchte ich eine Weltreise machen. Das ist mein größtes Ziel und mein größter Traum.

Auf jeden Fall möchte ich mich auch dieses Jahr wieder für den Wettbewerb „Die jungen Wilden“ bewerben – also eigentlich habe ich das bereits getan. Das ist der anspruchsvollste Kochwettbewerb, den es gibt. Im letzten Jahr habe ich es unter die TOP 30 geschafft.

Zum Hauptgang des Wettbewerbs gab es Knurrhahnfisch mit fermentiertem Pfeffer, einem Kardamonjoghurt, ein mit Erbsen gefülltes Dim Sum, Schweinepopcorn und einem Chorizo-Kumquat-Chutney. Foto: privat

Oberhessen-live: Das klingt interessant. Was hast Du da gekocht?

Gekocht habe ich da nichts – dazu bin ich leider nicht gekommen. Deshalb versuche ich es ja in diesem Jahr noch mal. Man muss sich dabei mit einem Gericht, was man nur abfotografiert, bewerben und die besten neun werden dann eingeladen und kochen vor Ort um den Einzug ins Finale. Für die Bewerbung gibt es verschiedene Vorgaben – also man bekommt einen Warenkorb für ein Dreigang-Menü. Der Warenkorb ist aber nicht so groß, das meiste obliegt dann der Kreativität des Kochs.

Rinderhüftsushi mit Mango, Gurke und Avocado, Puffreis und Wasabinuts. Darunter ein Zucchinisalat mit eingelegtem Ingwer. Mit dieser Vorspeise hat sich Schäfer diesmal für den Wettbewerb beworben. Foto: privat

Oberhessen-live: Wie kommst Du auf solche Gerichte?

Manchmal gibt es Geistesblitze, wo man plötzlich einen guten Einfall hat, welche Geschmäcker gut zusammenpassen würden und manchmal weiß man es auch schon im Vorhinein. Ich achte immer darauf, die vier S zu benutzen: salzig, süß, sauer und scharf. Wenn man das in ein Gericht verpacken kann, dann harmoniert es meistens. Außerdem achte ich darauf, dass ich verschiedene Texturen verwende: knusprig, weich – einfach eine Rundreise. Aber meistens entstehen die Gerichte schon vorher im Kopf und dann probiert man es aus.

Dessert muss nicht immer süß sein: Das bewies er mit seiner Roquefort-Mousse mit Radieschen, Lakritzzabaione, Melone, Birne und Weintraube. Eine gewagte, aber durchaus kreative Mischung. Foto: privat

Mit einer Weltreise aus Geschmacks-Jagd

Oberhessen-live: Du sagtest außerdem etwas über eine Weltreise. Das klingt ein bisschen nach der Koch-Dokumentation „Geschmacks-Jäger“, die eine Zeit lang bei dem Fernsehsender Kabel 1 kam.

Ja genau. So in etwa ist es geplant. Ich möchte die Reise nicht nur machen, um verschiedene Länder zu sehen, sondern auch die Kochkulturen dieser Länder kennenlernen. Wenn ich irgendwohin komme und dort was Gutes esse, dann möchte ich gerne auch mitarbeiten. Also es soll eine gesunde Mischung aus Reisen, entdecken und kochen werden.

Oberhessen-live: Ist es denn auch Dein Ziel daraus vielleicht Gerichte für ein eigenes Restaurant irgendwann einmal in der Zukunft mitzunehmen?

Ja das ist schon einmal mein Ziel. Aber das kommt erst nach der Weltreise. Danach soll es richtig losgehen, aber in welche Richtung weiß ich allerdings noch nicht.

Oberhessen-live: Wer ist Dein Lieblingskoch?

Stefan Marquard, eindeutig. Er ist ein absolutes Vorbild für mich. Und Jamie Oliver mag ich auch sehr gerne.

Oberhessen-live: Wenn Du einmal in der Heimat in Lingelbach zu Besuch bist, wer steht da am Herd?

Meistens kocht Mama, wenn ich mal zu Hause bin. Da freue ich mich auch richtig drauf. Meine Mutter kocht ebenfalls sehr gut und ich merke auch, dass es für sie eine Freude ist, mich zu bekochen und ich freue mich natürlich auch, dass ich nicht wieder vorm Herd stehen muss.

Aber wenn ich koche, dann koche ich richtig: gut und lecker.Carsten Schäfer

Auch Tiefkühlpizza landet bei Profiköchen mal auf dem Speiseplan

Oberhessen-live: Und was kommt zu Hause auf den Tisch?

Puh, das ist unterschiedlich. Oft habe ich natürlich nicht unbedingt Lust dann noch zu kochen. Dann macht man sich oft was Einfaches. Aber wenn ich koche, dann koche ich richtig: gut und lecker. Aber auch eine Tiefkühlpizza landet da mal auf dem Tisch, das gehört natürlich auch dazu.

Oberhessen-live: Zum Abschluss erkläre doch einmal, was ist für Dich das Wichtigste am Kochen?

Die Liebe. Du musst es lieben, dahinter stehen und alles dafür geben. Das Ganze natürlich mit viel Freude und Humor. Entweder du liebst es oder du lässt es. Und wenn du es nicht liebst, dann hältst du es nicht durch, und wenn du trotzdem arbeitest, dann arbeitest du nicht gut. Das Thema interessiert dich dann nicht. Außerdem muss noch Musik dabei sein. Gute Musik und Kochen, dann habe ich alles, was ich brauche. In solchen Momenten ist es mir auch, egal ob ich zwölf oder 15 Stunden in der Küche stehe. Wenn dann noch coole Leute dabei sind, dann kann es nur Spaß machen.

Egal ob Hitze oder Stress – mit Leib und Seele Koch

Kurz darauf verschwand der 26-jährige Lingelbächer wieder zurück in die für ihn aus Lehrjahren bekannte Küche der Schmiede. Einen Ort, mit dem Schäfer einiges verbindet und der aus ihm das gemacht hat, was er mit Leib und Seele ist: Koch.

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