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Kolumne: "Rike's Report" am Samstag: Pokémon Go - Zwischen Spaß und Kopfschütteln„Laalalalalaa Pummeluff..“

Jäger und Sammler – was verbinden Sie damit? Wahrscheinlich geht es Ihnen wie den meisten: Shorts aus Fell, BH aus Fangzähnen – Steinzeit. Aber haben Sie in den letzten Wochen mal vor die Tür geschaut? Dann dürfte Ihnen das hier nicht fremd vorkommen: Glumanda statt Wollmammut und Pokébälle statt Steinschleudern – Willkommen im 21. Jahrhundert.

Wendy, Stickeralbum und die „No Angels“ – an viele Dinge aus meiner frühen Jugend kann ich mich noch gut erinnern. Genauso gut weiß ich aber auch noch, was vollkommen an mir vorbei gegangen ist: Pokémon. Komische Karten, unverständliche Spiele und eine Serie die meine Eltern mir ohnehin verboten hätten – kurzum: Ich hatte keine Ahnung was alle an den seltsam aussehenden Viechern so unsagbar fantastisch fanden.

Aber wie sagt man so schön: Man sieht sich immer zwei mal im Leben. Oder: Bewährter Freund, gesuchtes Blubella, nur so was lockt mich aus dem Keller. Oder so ähnlich. Auf jeden Fall haben es die kleinen Taschenmonster geschafft, sich zurück in mein Bewusstsein zu schleichen – und diesmal mit Erfolg. Denn statt mit den Jahren zu verschwinden, haben sich die Macher der, teilweise zugegebenermaßen niedlichen, Dinger eine neue Strategie überlegt: Vom Nintendo-Klassiker zum Jagdabenteuer-To-Go.

Klingt nach einer neuen Spielerei für Handy-Süchtige? Auf jeden Fall. Macht trotzdem Spaß? Auf jeden Fall! Und so geht es: Man greift sich sein Smartphone, lädt die App herunter und kann loslegen. Als Pokémon-Trainer begibt man sich auf die spannende Suche nach Taubsi, Rettan, Rattfratz und Co und fängt diese mithilfe von Pokébällen ein. Dabei werden die digitalen Monsterchen in die echte Welt integriert: Ob Habitaks im Badezimmer, Vulpix auf der Schulbank oder Myraplas beim Zahnarzt, wer viel herum kommt dessen Chancen stehen gut sein Pokédex zu erweitern. Was für die meisten auf den ersten Blick schwachsinnig klingt („Achja – Die Jugend von heute!“) ist auf den zweiten eigentlich wirklich spannend – zumindest meiner bescheidenen Pokémon-Novizen-Meinung nach.

Denn wie wäre es anders zu erwarten, habe auch ich mich der Massenbewegung angeschlossen und mich als Rike69 vor die Haustür gewagt (an dieser Stelle ein großes DANKE an meine Muse, die mir diesen inspirierenden Nicknamen verpasst hat!). Und siehe da: Einfach witzig. Nach anfänglichen Schwierigkeiten im Umgang mit dem Pokéball hatte auch ich den Dreh raus und erwischte mich dabei wie ich anderen Spielern nach dem Motto „Yo, ihr auch hier – cool, cool!“ zuzwinkerte. Nach Streifzügen durch die Gießener Welt, die ich meiner Muskelmasse niemals zugetraut hätte, kann ich inzwischen stolz Bluzuk und Seeper zu meinen Errungenschaften zählen. Anfangs skeptisch muss ich nun nach einer aufschlussreichen Testwoche sagen: Top! Da ist wirklich was tolles auf den Markt gekommen, das nicht nur altbewährte Gameboy-Spieler, sondern auch „Normalos“ auf die Straße lockt – und damit so manchen Vorurteilen ins Knie schießen dürfte.

Anfangs skeptisch, nun begeistert begibt sich Rike69 auf die Jagd nach Pokémons.

Anfangs skeptisch, nun begeistert begibt sich Rike69 im Traineroutfit auf die Jagd nach Pokémons.

Wenn man sich die Zeit nimmt und mal durch die Gegend schlendert, fällt einem auf: Lachende Menschen, begeisterte Gesichter – kurzum: Gemeinsam Spaß haben. Das ist ein großer positiver Faktor der Po-Go-Bewegung. Denn wer sagt denn das Gaming nur was für blasse Nerds in dunklen Räumen ist? Schwachsinn. Mit Freunden sammeln, mit Fremden jagen – wenn das nicht nach einem entzückenden Hobby klingt. Ganz nebenbei lernt man seine eigene Stadt viel besser kennen, kommt zu Plätzen die man nie gesehen hat – und wird auch noch das ein oder andere überschüssige Kilo los. Klingt nach einer Erfindung, auf die die ganze Menschheit schon lange wartet. Oder?

Wer jetzt empört einlenken will „Aber ich hab doch gelesen..“ – Stimmt: Vermeintliche Massenschlägereien, Einbrüche in gesperrte U-Bahn-Tunnel, Hausfriedensbruch im Main-Taunus-Zentrum. Meldungen wie diese lassen die Gemüter hochkochen. Und irgendwie kann man es ja verstehen: Verkehrsbehinderung durch ununterbrochenes Auf-Das-Handy-Starren und das Betreten von Privateigentum zwecks Einfangen eines Pikachus. Geht´s noch?

Denn obwohl auch mich das Spiel schon in seine Fänge gelockt hat, denke ich, dass so manche Grenzen nicht überschritten werden sollten: Wenn man sich selbst oder andere Menschen gefährdet, dann hört auch der größte Spaß auf. Finde ich jedenfalls und muss mir einfach wie so oft die Frage stellen: Was geht in den Köpfen mancher Menschen eigentlich vor? Muss man denn sofort das Risiko eingehen von einem Wagen überrollt zu werden oder von einem Hochhaus zu fallen? Können wir uns nicht einfach über die nette App freuen und mit anderen Freude daran haben ohne direkt über das Ziel hinaus zu schießen?

Ich will keinesfalls eine von den schwarzmalenden Spielverderbern sein, die die letzten Tage versucht haben jedwede Faser von Pokémon Go in den Dreck zu ziehen – dafür ist es viel zu drollig. Aber bitte liebe MitzockerInnen: Bleiben Sie auf dem Boden. Oder wie uns unsere App stets mittelt: „Bleibt wachsam. Behaltet immer eure Umgebung im Auge.“! Denn wenn das Ganze nur wegen Ihren Aktionen ein jähes Ende findet – dann laufen Sie. Denn Enteron und Rike69 sind schon auf der Hatz..

 

Allseits gute Jagd!

Ihre Rike

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