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MS-Selbsthilfegruppe „Albatros“ veranstaltete Filmabend am Tag der Multiplen Sklerose„Sei immer positiv, dann wird auch alles gut“

ALSFELD (lbr). Anlässlich des Welt-Multiple-Sklerose-Tages (MS) am 25. Mai hat die MS-Selbsthilfegruppe „Albatros“ einen Filmabend mit dem Film „Emilophélie“ im Freiwilligenzentrum in Alsfeld veranstaltet. Dazu waren MS-Patienten, Angehörige und Interessierte eingeladen. Die beiden Schauspieler von Emil und Ophélie waren ebenfalls gekommen und haben über ihre Beweggründe zur Produktion des Films gesprochen.

Vielen Menschen kenne zwar den Namen der Krankheit Multiple Sklerose, wissen aber gar nicht was sich dahinter verbirgt: „Man muss sich die Krankheit so vorstellen, als wären in unserem Körper ganz viele verschiedene Stromleitungen, die zu einem zentralen Stromkasten führen. Wenn die Isolierung der Stromleitungen beschädigt ist, so kommt es zu einem Kurzschluss. Genauso ist das mit der MS. Zu unserem Zentralnervensystem führen viele verschiedene Nervenbahnen. Wenn die schützende Hülle beschädigt ist, so kommt es zu den Symptomen eines MS-Patienten.“

Multiple Sklerose ist eine Nervenerkrankung, die vor allem bei jungen Erwachsenen auftritt. Es ist eine Erkrankung des zentralen Nervensystems, die das Gehirn und das Rückenmark umfasst und die Hüllschicht der zentralen Nerven beschädigt. Die Ursache ist nicht genau bekannt, aber es wird  eine Autoimmunreaktion angenommen, was bedeutet, dass  Entzündungs- und Abwehrzellen des Körpers, statt fremde Strukturen, körpereigene Strukturen angreifen.

Es gibt eine Vielzahl von Symptomen und die Krankheit wirkt sich bei jedem Patienten unterschiedlich aus. Zum Beispiel kann es zu Seh- und Empfindungsstörungen, Muskelschwächen oder Lähmungen kommen. MS ist eine chronische Krankheit, die meist langsam fortschreitet und in Form von Schüben immer wieder auftritt. In Deutschland gibt es ungefähr 120.000 Menschen, die an einer Multiplen Sklerose leiden. MS ist nicht ansteckend und nicht zwangsläufig tödlich.

Der Film „Emilophélie“ handelt von einem MS Patienten

Der Film „Emilophélie“ von der Regisseurin Miriam Dolt handelt von der Reaktion und der Umstellung eines jungen Mannes, dessen Welt durch die Diagnose MS, völlig auf den Kopf gestellt wurde.

Es wird die Geschichte des jungen Liebespaares Emil und Ophélie erzählt. Emil erhielt vor kurzem von seinem Arzt die Diagnose, dass er Multiple Sklerose hat. Er hat Angst davor, jemandem aus seinem Umfeld von seinem Schicksal zu erzählen und seine Lieben zu belasten. Doch Ophélie erfährt durch einen Zufall von Emils Erkrankung und wird vor eine Entscheidung gestellt …

Die Schauspieler von Emil und Ophélie erzählten, dass der Film am Anfang eher nur ein kleineres Projekt gewesen sei und immer größer wurde. Sie wollten bei ihrem Projekt ein ernsteres Thema ansprechen und sind auf das Thema Krankheit gekommen und haben sich dann MS ausgesucht, weil auch einige in ihrem Freundeskreis unter dieser Krankheit leiden. Bei der ersten Vorstellung ihres Films hätten sie Angst vor den Reaktionen der MS-Patienten gehabt und befürchteten sie zu verletzen. Doch das Gegenteil war der Fall: Viele Patienten berichteten, dass sie sich an einigen Stellen des Films wiedergefunden haben und sie von dem Werk der beiden Schauspieler berührt wurden.

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Die Schauspieler sprachen über den Film und ihre Motive.

 

Luisa Becker schildert ihre ganz persönlichen Eindrücke vom Abend

von Luisa Becker

Als ich den Raum betrat, kam mir schon eine herzliche Stimmung und ein willkommen heißen entgegen. Anfangs haben zwei Betreuer der Selbsthilfegruppe alles aufgebaut, und ich konnte mich mit ihnen über ihre persönlichen Empfindungen im Umgang mit MS Patienten unterhalten. Einer der Beiden ist selbst von MS seit 1987 betroffen, doch abgesehen von einem hinkenden Bein ist ihm von dieser Krankheit wenig anzumerken. Er erzählte mir von den gemeinsamen Gruppentreffen und auch dem Stammtisch, den sie regelmäßig besuchen, und dass es bei solchen Treffen gar nicht immer nur um das Thema MS geht.

Es sind nette Gespräche und einfach das Zusammensein. Er erklärte mir auch, dass er nicht nur die Erkrankten selbst betreut, sondern auch die betroffenen Angehörigen, um ihnen bei dem Umgang mit der Krankheit und der Umstellung ihres Lebens zur Seite zu stehen und Unterstützung zu leisten. Sie sollen mit der Selbsthilfegruppe auch erkennen, dass sie mit ihren Problemen nicht alleine sind, und dass man lernen, kann mit der Krankheit umzugehen.

Menschen mit MS ziehen sich oft zurück

Die andere Betreuerin sprach darüber, dass sie anfangs auch Respekt vor ihrem Beruf im Umgang mit MS-Erkrankten hatte. Multiple Sklerose sei damals wie heute nicht sehr geläufig in der Gesellschaft gewesen, und diese Menschen werden von der Gesellschaft ausgeschlossen. Doch sie ging mit der Einstellung daran, dass MS nicht ansteckend ist, und auch die Erkrankten nur Menschen sind, die ihr Leben genießen wollen.

Sie hat mit einer sehr großen Offenheit und immer mit einem Lächeln im Gesicht die Menschen an dem Abend empfangen, und genau diese Freundlichkeit bekam sie dann auch zurück. Sie meinte dazu: „Man muss immer positiv sein, dann wird auch alles gut“. Und ich denke, dass genau diese positive Energie den Betroffenen Kraft gibt. Sie erzählte mir aber auch, dass die MS-Patienten oft Berührungsängste haben, und sich bei Veranstaltungen eher zurückziehen.

Die Gruppenleiterin leidet selbst auch unter der Krankheit, indem sie in ihrem Gang sehr viel eingeschränkt wird. Doch auch sie hat mich mit einem Lächeln und mit Freundlichkeit begrüßt und ihr Mann erzählte mir sofort von den Ausflügen, die er zusammen mit seiner Frau auf dem Motorrad und dem Beiwagen unternimmt. Er meinte, dass sich das Leben der beiden zwar verändert hat, sie aber trotzdem alles noch genauso machen können wie andere Menschen … nur eben etwas langsamer, was jedoch auch kein Hindernis ist. Für die beiden war es anfangs schwer, da sie im vierten Stock eine Wohnung hatten, als sie mit 24 ihre Diagnose bekam.

Doch für jedes Problem gibt es eine Lösung, dann mussten sie eben umziehen. Ihr Mann sagte, dass es natürlich schwere Zeiten gab, doch zusammen haben sie diese überwunden und haben an diesem Abend so ein glückliches Paar abgegeben, dass auch mit dieser Krankheit ein glückliches Leben hat. Nach ihrer Diagnose konnte sie leider nicht mehr arbeiten, ist jedoch zur Zeit als Leiterin der Selbsthilfegruppe Ansprechpartnerin für die Gruppenmitglieder. Mittlerweile ist die Frau 48, lebt also schon 24 Jahre mit MS. Dies soll anderen erkrankten Mut machen, denn sie ist glücklich verheiratet und genießt ihr Leben in vollen Zügen.

Auch mit MS kann man eine alleinerziehende Mutter sein

Eine andere Frau, mit der ich ins Gespräch gekommen bin, war ebenfalls von MS betroffen und kann ebenfalls nicht mehr so leicht gehen. Sie hat ihre Diagnose erst mit 42 bekommen und für sie war es besonders schwer, da sie eine sehr sportliche Person war, die liebend gerne Sport machte, aber auch in ihrem Beruf viel damit zu tun hatte. Doch das war von diesem Zeitpunkt an für immer verloren. Doch trotz ihres Schicksals machte auch sie einen glücklichen Eindruck.

Sie lebt mit ihrer Tochter zusammen, da ihr Mann und sie sich getrennt haben. Ihre Tochter war gerade mal drei Jahre alt, als ihre Mutter die Diagnose bekam, jedoch sind sie und ihre Tochter zusammen mit der Krankheit gewachsen, außerdem bekommt sie von ihrer Tochter, die mittlerweile schon 17 Jahre alt ist sehr viel Unterstützung im Haushalt, aber auch moralisch. Daran sieht man, dass man auch ohne Partner selbstständig sein kann und sogar ein Kind großziehen kann, aber auch, dass die Hilfe und Unterstützung von Angehörigen enorm wichtig ist.

Nach diesem Abend habe ich für mich persönlich gelernt, dass man mit einer Krankheit, egal ob MS oder etwas anderes, nicht depressiv werden muss. Die Menschen, die ich dort kennenlernen durfte, hatten so viel Freude am Leben, wie nicht betroffene Menschen auch. Sie hatten immer ein Lächeln auf den Lippen und haben jeden herzlich willkommen geheißen. Wenn man von der Krankheit MS hört, denken viele an eine tödliche Erkrankung, eine Erbkrankheit, an ein Leben im Rollstuhl… doch dem ist gar nicht so. MS verändert zwar dein Leben, aber es ist nicht weniger lebenswert.

 

2 Gedanken zu “„Sei immer positiv, dann wird auch alles gut“

  1. Hallo Lisa,
    danke für den schönen, gelungenen und verständlichen Bericht!
    Die persönlichen Eindrücke sind sehr anschaulich und gut beschrieben wurden. Unser Gespräch war hoffentlich für dich und deine Leser interessant und Informativ. Der Bericht hat mir sehr gefallen, weiter so!

    Wir hoffen auch weiterhin auf eine Zusammenarbeit
    Manuela Wehbrink / 1. Vorsitzende der SHG Albatros Alsfeld

  2. Hallo Luisa,
    ein sehr schöner Bericht über Multiple Sklerose, den Welt MS Tag mit dem Film „emilophelie“ und die MS Gruppe ALBATROS Alsfeld. Alles ist gut versändlich, einfch und nicht medizinisch erklärt. Schön auch die beschriebenen Gespäche mit den Betroffenen. Man kann wirklich erkennen. es gibt auch ein Leben mit MS.
    Danke für diesen Bericht
    Liebe Grüße
    Uwe Thöt
    ALBATROS Guppenleitung

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