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Lars Niedereichholz las aus seinem Roman MofaheldMongo ist viel geiler als Spasti

LAUTERBACH (cdl). Handjob interruptus, Cunnilingus mit Vaginalzäpfchen, ein zwölf Zentimeter langes Spermareservoir dazu Heavy Metal, Nickelbrille, Zahnspange, Prinz Eisenherz Frisur, Erdnussallergie und das peinlichste Mofa der Welt. So sieht das Leben des 15-jährigen Marc im Jahr 1986 im Roman Mofaheld von Lars Niedereichholz aus.

Mongo ist der favorisierte Kraftausdruck des heranwachsenden Romanhelden Mitte der 80er Jahre in einem Frankfurter Vorort. Der Roman Mofaheld handelt von den Irrungen und Wirrungen der Pubertät eines Jugendlichen im kleinbürgerlichen Milieu und bedient obendrein sämtliche Klischees der 80er Jahre. Für viele eine Zeitreise zurück in die eigene Jugend. Lars Niedereichholz besser bekannt, als ein Teil des Comedy-Duos Mundstuhl war am Mittwochabend zu Gast in der Aula der Sparkasse Oberhessen und las aus seinem Roman in der Veranstaltungsreihe „Der Vulkan lässt lesen“.

Selbstverständlich hatte er auch ein Mofa mitgebracht, aber eben ein echtes Mofa, eine Herkules. Dagegen bekommt seine Romanfigur, Marc, von seinen Eltern zum 15. Geburtstag „ein motorisiertes Fahrrad“ eine Gilera ec1 mit Wetterschutz Verkleidung geschenkt. Marc stellt für sich fest, dass er sogar als Spermium schneller gewesen ist, wie auf diesem Gefährt. Auch sein Opa bemerkt: „Hier Lutscher – das ist aber net gerad e Rennmaschin“. Lutscher ist der ungeliebte Spitzname von Marc, der in Frankfurter Idiom gesprochen, jedoch einen ganz besonderen klang hat und somit das Lauterbacher Publikum erheiterte. Seine Eltern nennen ihn „kleiner Prinz“, was Marc noch mehr stört.

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Ein Mofa war unter Jugendlichen im Jahr 1986 der Renner schlechthin.

Der Roman spielt bis auf Einleitung und Schluss lediglich in einer Woche im April 1986. Trotz der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl und weiteren historischen Ereignissen zu dieser Zeit geht es um das Erwachsenwerden und Marc ist auf der Suche nach dem ersten Sex, dem Traum von der eigenen Heavy Metal Band, dem Nachtleben und Alkohol. Eben die Erfahrungen eines Teenagers.

Niedereichholz wollte vermeiden all zu viel zu spoilern, las jedoch eine Menge, sodass die Hörer in der Aula bereits einen großen Einblick ins Buch bekamen. Marc ist großer Heavy Metal Fan und seine großen Idole sind die Bandmitglieder von Mötley Crüe. Als Zangengeburt mit einem Handicap am linken Arm, einer auffälligen Zahnspange, der Nickelbrille und langen Haaren bis zu den Schultern, mit kurz geschnittenem Pony, ist er eher ein Außenseiter. Sein Kumpel, mit dem er eine Heavy Metal Band gründen möchte, steht aber auf Breakdance und trägt nach Marcs dafürhalten Mongoklamotten sowie Mongofrisur. Obendrein hört er nur Mongomusik. Ja, Mongo ist das favorisierte Wort von Marc, um Dinge zu beschreiben. Damals habe man sich zwischen Mongo und Spasti entscheiden müssen. In der Jugendsprache war zudem das Wort „geil“ der Renner. Als der Ausdruck als jugendgefährdend eingestuft werden sollte, etablierte sich der Begriff immer mehr, sodass zunächst „Hammergeil“ und dann „Hammertittenaffenobergeil“ daraus wurde.

Sogar ins Liedgut wurde der Begriff „geil“ inklusive Boris Becker aufgenommen, demonstrierte Niedereichholz auf der Bühne mit seinem Smartphone, nachdem er die entsprechende Textpassage vorgelesen hatte. Beim Thema Heavy Metal hatte er ebenso eine Hörprobe für das Publikum mitgebracht. Zwar nicht von Mötley Crüe, sondern von der Band dio – „holy diver“. Der Grund: Die Eltern im Roman halten Marc für schwul, weil er Heavy Metal hört. Im Songtext von holy diver heißt es in einer Passage:  „Ride the tiger, you can see his stripes, but you know he’s clean, oh don’t you see what I mean“.

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Dreimal spielte Niedereichholz per Smartphone Liedgut aus 1986 vor.

Große Lacher des Abends: Erzählungen über den ersten Sex

Neben den vielen Geschichten aus dem Familienleben und dem Aufwachsen im Jahr 1986 sorgten vor allem die Erzählungen hin bis zum ersten Geschlechtsverkehr von Marc für die großen Lacher des Abends. Im Urlaub der Hanjob Interruptus, der völlig schief lief und mit einem Ablenkungsmanöver in einem Gespräch über die verunglückte Raumfähre Challenger mit dem Satz endete: „Weißt Du, dass der letzte Satz der Crew gewesen sein soll: Lass mal die Frau ans Steuer.“

In einem Gespräch unter Jungs über die Herkunft von Titten stellt Marcs Kumpel eine wilde Theorie auf: Die Frauen haben sich evolutionsbedingt wegen des aufrechten Ganges Titten unter den Kopf wachsen lassen. Denn die Form von Titten gleicht dem weiblichen Hinterteil und darauf schauen Männer eigentlich zuerst. Das ist aber durch den aufrechten Gang schwierig geworden. Deshalb haben die Frauen Titten in Blickhöhe.

Marcs große Liebe endete in einem Desaster. Die ganze Geschichte soll aber an dieser Stelle nicht verraten werden. Er hatte tatsächlich gedacht, wenn er für seine Angebetete eine Englischarbeit stiehlt, bekommt er von ihr einen geblasen. Das entpuppte sich als Trugschluss. Er bekam von ihr eine schallende Ohrfeige und dann von ihrem Freund eine Tracht Prügel.

Stattdessen hatte er später sein „Erstes Mal“ mit seiner Nachbarin Gerlinde, die der New Wave Szene angehörte. Zuvor hatten sie eine ganze Zeit lang Petting gehabt. „Petting ist ein überalterter Begriff für alles außer reinstecken“, erklärte Niedereichholz noch dem Publikum. Dann las er die Passage vor und beschrieb zunächst den Geschmack von Vaginalzäpfchen beim Cunnilingus, um dann mit den Problemen beim Überstreifen des Kondoms fortzufahren. Da es zunächst nur über die Eichel ging, vermutete Gerlinde, dass die restliche Gummihülse von zwölf Zentimeter Länge wohl das Spermareservoir sein muss. Nach Studium der Gebrauchsanweisung und etlichen Versuchen klappte es dann aber und der Akt an sich dauerte neun, vielleicht sogar zehn Sekunden. Seine Mitschüler hänselten Marc, weil er mit Gerlinde zusammen war. Das war ihm aber egal, denn der Lutscher hatte jetzt Sex.

So endete die Lesung, doch das Beste kommt bekanntlich immer zum Schluss: Neben der ovag und der Sparkasse Oberhessen war die Buchhandlung Lesezeichen Gastgeber des Abends. Gerlinde Becker von der Buchhandlung eilte auf die Bühne, um Niedereichholz zu verabschieden. Mit breitem Grinsen sagte sie: „Ich heiße übrigens Gerlinde, so oft habe ich noch nie meinen Namen gehört.“

Der Vulkan lässt lesen
Eine Lesereihe in Kooperation mit der Sparkasse Oberhessen und der Buchhandlungen Lesezeichen und Buch 2000.

Die kommenden Termine:

24. Mai um 20 Uhr im Marktcafé: Stephan Ludwig – Zorn 5 – Kalter Rauch

31. Mai um 20 Uhr Autohaus Deisenroth: Hubertus Meyer-Burkhardt – Meine Tage mit Fabienne (Alsfeld)

 

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