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Der historische Moment: Die Adolf Spieß-Halle geht an die Stadt Lauterbach zurückDas Problem: „Was will man mit der Halle?“

LAUTERBACH. In wenigen Tagen vollzieht sich Historisches in Lauterbach: Der Turnverein gibt sein Nutzungsrecht für die Adolf Spieß-Halle nach 52 Jahren an die Stadt zurück, weil die ihren jährlichen Zuschuss in Höhe von 30.000 Euro gestrichen hat – es muss gespart werden. Während man beim Turnverein der verloren gegangenen Sportstätte nachtrauert, hat die Stadt mit der „Einsparung“ ein neues Problem: Was tun mit der Traditionshalle, die die Stadt Zehntausende kostet, auch ohne, dass sie genutzt wird? Angefragt sind bislang nur teilweise Nutzungen – räumlich oder zeitlich. Gesucht: ein mutiger Investor, den auch ein eigenartiges Rechtsverhältnis nicht abschreckt.

Es geschah in einer der Spardebatten zum Lauterbacher Haushaltsdilemma, dass der Ausgabe-Posten 30.000 Euro Zuschuss an den Turnverein für den Unterhalt der Adolf Spieß-Halle ins Gespräch kam. Dieser Betrag sei manchem Stadtverordneten wohl wegen der eigenartigen Besitzverhältnisse der Adolf-Spieß-Halle schon länger ein Dorn gewesen, erklärt Lauterbachs Bürgermeister Rainer Hans Vollmöller. Denn Erbauer der altehrwürdigen Halle im Jahr 1908 ist der Turnverein, der das Eigentum aber 1962 an die Stadt abtrat – die dem Verein wiederum das Nießbrauchrecht gleich wieder übertrug – dazu auch noch ein jederzeitiges Rückforderungsrecht. Der jährliche Zuschuss zum Betrieb krönte die Unterstützung für den Turnverein.

Dieser Betrag fiel nun mit Wirkung vom 1. Januar 2015 den Bemühungen zur Haushaltskonsolidierung zum Opfer, worauf der Sportverein nach leidenschaftlicher Debatte in einer Mitgliederversammlung die gute Stube aufgab und Sportgruppen in der neuen Vulkansporthalle unterbrachte. Zum 1. März, so der viel betrauerte Beschluss, erhalte die Stadt das Nießbrauchrecht zurück – das Rückübertragungsrecht aber werde der Verein behalten.

 

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Wünscht sich „eine klare Entscheidung: Was will man mit der Halle?“: Bürgermeister Rainer Hans Vollmöller. Archivfoto: aep

Bei einer Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses vor kurzem hatten dessen Mitglieder dann interessante Lektüre, als es um Haushaltsposten ging: Der Zuschuss-Betrag an den Verein war wie gewünscht verschwunden – stattdessen waren 30.000 Euro Kosten für den Unterhalt der Adolf Spieß-Halle eingesetzt. Diese Zahl sei ein Erfahrungswert aufgrund der Kosten, die der Turnverein fix hatte, erklärt Bürgermeister Vollmöller: Alleine 2200 Euro für Gas- und Wasser habe der TVL zahlen müssen – monatlich. Tatsächlich seien das sogar 2500 Euro erklärt der Turnvereinsvorsitzende Eckhard Köhler-Hälbig auf Anfrage. Den Ausschuss-Mitgliedern erschien der Unterhaltungsbetrag dennoch zu hoch, und man einigte sich auf eine eher symbolische Formel, die wenigstens andeuten soll, dass die Stadt Geld einspart: Die Hälfte der 30.000 Euro sind mit einen Sperrvermerk versehen. Man wird sehen, ob wir das Geld wirklich brauchen, meint der Bürgermeister.

Derweil sucht die Verwaltung nach Nutzung für die Lauterbacher Stadthalle – und kam mit dem Bildungszentrum Lauterbach ins Gespräch, das an der Nutzung vor allem der Nebenräume Interesse zeigt. Er habe nach einer Möglichkeit gesucht, die Halle mit dem Turnverein, der für die Fastnachtabteilung Tumaba eine Bleibe sucht, dem Bildungszentrum (BZL) sowie dem Vogelsbergkreis in Betrieb zu halten, erläutert der Bürgermeister. Alle drei Partner zusammen sollten 18.000 Euro aufbringen – und der Turnverein sollte dabei sogar das Nießbrauchrecht behalten. Aber das habe sich zerschlagen. Dafür hätte das BZL mit dem Turnverein einen Mietvertrag aushandeln müssen. Der kam aber nicht zustande: Die Vorstellungen von Mieter und Vermieter gingen zu weit auseinander. Wenn das Bildungszentrum die Halle elf Monate im Jahr nutzen will, so erläutert der TVL-Vorsitzende Köhler-Hälbig die Unstimmigkeit, dann müsste die Einrichtung auch adäquat Miete zahlen. Bei der Fastnachtabteilung Tumaba sei der TVL bereit gewesen, 5000 Euro für vier Wochen Nutzung der Adolf Spieß-Halle zu zahlen.

Die Adolf Spieß-Halle bietet in ihrer Funktion als Lauterbacher Stadthalle mit Restaurant aber eigentlich mehr Möglichkeiten für Veranstaltungen – und sollte auch entsprechend nutzbar bleiben, meint nicht nur das Stadtoberhaupt. Köhler-Hälbig: Die Stadt wirbt mit Adolf Spieß! Dann sollte sie auch etwas mit der Halle machen! Aber es bräuchte einen Investor, der das Gebäude übernimmt und fantasievoll vermarktet – und es bräuchte eine Sanierung, um es attraktiver zu machen.

Ich warne vor Illusionen, sagt Rainer Hans Vollmöller. Ein privater Investor habe auch eine mögliche Hürde vor sich: das Rückübertragungsrecht des Turnvereins Lauterbach, das jede Investition potenziell gefährde. Bei dem Einwand meldet der TVL-Vorsitzende Einspruch an: Der Turnverein habe schon einmal 1986 vertraglich für 25 Jahre auf das Rückübertragungsrecht verzichtet, um Sanierungsmaßnahmen zu ermöglichen. Das würden wir jetzt auch tun!

Nun wird wieder verhandelt. Wenn das BZL und die Fastnachter von Tumaba erst einmal da einziehen würden, so sinniert Bürgermeister Vollmöller, dann hat Politik Zeit, sich zu überlegen. Wo kann es hingehen? Denn diese Entscheidung wünsche er sich vom Lauterbacher Parlament: eine klare Entscheidung: Was will man mit der Halle?

von Axel Pries

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