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Jagdverband: Tierschutzkonflikt um wildernde Vierbeiner gemeinsam lösen – Tierschutz-Organisation TASSO fordert generelles Verbot von HaustierabschüssenÄußerste Zurückhaltung beim Abschuss von Hunden

BAD NAUHEIM/ALSFELD/NEUSTADT (ol). Der Landesjagdverband Hessen (LJV) reagiert auf die vielen Proteste nach der Tötung von zwei Familienhunden bei Neustadt und Alsfeld mit dem Aufruf an „alle Jägerinnen und Jäger zu äußerster Zurückhaltung beim Abschuss von Hunden im Jagdrevier“. Das geht aus einer Pressemitteilung hervor. Ein grundsätzliches Verbot fordert die Tierschutz-Organisation TASSO.

„Das Töten eines Hundes, der heute allgemein als Familienmitglied betrachtet wird, löst beim Besitzer und in dessen familiärem Umfeld Entsetzen, Trauer und Leid aus“, erklärt LJV-Pressesprecher Dr. Klaus Röther anlässlich det beiden Vorfälle, bei denen kürzlich holländische Jagdscheininhaber als Jagdgäste bei Alsfeld und Neustadt jeweils einen Hund erschossen haben. „Der Jagdverband verurteilt grundsätzlich jeden voreiligen Hundeabschuss aufs Schärfste. Wir setzen stattdessen im Konfliktfall auf das vermittelnde Gespräch zwischen Jägern und Hundebesitzern“, betont der LJV-Sprecher. Nun müsse die Staatsanwaltschaft klären, was sich in diesen beiden jüngsten Fällen genau abgespielt habe.

„Trifft die Berichterstattung über den Abschuss des Labradors im Wald bei Alsfeld zu, hat der Gastjäger den Vierbeiner entweder mit einem Reh verwechselt oder ohne jeglichen Grund getötet. Beides widerspricht krass den Jagdgesetzen und der jagdlichen Ethik“, kritisiert Röther. Dabei sei offensichtlich sogar der Hundebesitzer gefährdet worden.

Auch beim Tod des Riesenschnauzers, der schon am 4. Januar im Neustädter Wald erschossen wurde, ergeben sich laut LJV-Pressesprecher Fragen zum Verhalten des holländischen Jagdgastes. Weitere Untersuchungen könnten sicher klären, ob der Hund tatsächlich ein Reh „am Hals gepackt“ hatte, wie der ausländische Jagdscheininhaber laut Pressebericht erklärte. Die Familie, die mit dem Riesenschnauzer spazieren ging, habe ihren getöteten Vierbeiner ja tierärztlich untersuchen lassen und bestreite nachdrücklich, dass dieser gewildert habe.

„Jagdpächter prinzipiell äußerst zurückhaltend und kritisch sein“

„Im Übrigen sollten Jagdpächter prinzipiell äußerst zurückhaltend und kritisch sein, wenn es um die Vergabe einer Erlaubnis zum Abschuss von wildernden Hunden an Jagdgäste geht“, erklärt Röther. „Denn bodenständige Jäger kennen in aller Regel die örtlichen Hundebesitzer und ihre vierbeinigen Gefährten und pflegen zu den Waldbesuchern ein gutes Verhältnis. Durch ein freundliches Gespräch und gegenseitiges Verständnis können Konfliktsituationen zwischen Hunden und Wildtieren von vornherein vermieden werden.“ Die kleine Minderheit uneinsichtiger Hundehalter könne zudem in den meisten Fällen durch empfindliche Geldbußen für das Streunen- oder Wildern-Lassen ihrer Vierbeinen zur Vernunft gebracht werden. Nicht der Hund, sondern sein Besitzer müsse für das Reißen von Wildtieren bestraft werden.

Röther: „Wenn sich seriöse Tierschützer, Jäger und Hundehalter einig sind, dass jedes gerissene Reh und jeder erschossene Hund völlig unnötiges Tierleid darstellen, kann dieser leidige Konflikt um wildernde Hunde im Sinne eines Haus- und Wildtiere umfassenden Tierschutzes gemeinsam gelöst werden.“

Nach Angaben des Jagdverbandssprechers gehen die über 24.000 hessischen Jägerinnen und Jäger mit dem Abschuss wildernder Hunde „sehr restriktiv“ um. So seien im Jagdjahr 2013/14 nach Erhebungen des Verbandes hessenweit etwa 3000 Wildtiere von wildernden Hunden gerissen worden. Dieser Zahl stehen laut Streckenliste des hessischen Umweltministeriums fünf beim Wildern getötete Hunde gegenüber.

TASSO fordert Haustierabschuss-Verbot

Die in Sulzbach bei Frankfurt ansässige Tierschutzorganisation TASSO verurteilt in einer Pressemitteilung die „Abschüsse aufs Schärfste“ und fordert das gesetzliche Verbot des Haustierabschusses durch Jäger. „Die derzeit gültigen Regelungen zum Haustierabschuss sind unverhältnismäßig, willkürlich und gehen weit über das hinaus, was zum Schutz von Wildtieren erforderlich ist“, sagt Mike Ruckelshaus, Leiter Tierschutz Inland bei TASSO.

„Wir fordern die Hessische Landesregierung auf, das Abschussverbot von Hunden und Katzen, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, endlich umzusetzen, damit Vorkommnisse dieser Art für die Zukunft ausgeschlossen werden können. Dazu verweisen wir auch auf den Beschluss des Tierschutzbeirats der Hessischen Landesregierung vom 17. September 2014, der ebenfalls ein Verbot des Haustierabschusses fordert. Ferner erinnern wir an das Landtagswahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen, das ebenso ein Abschussverbot vorsah. Bündnis 90/Die Grünen stellen derzeit die für die Bereiche Tierschutz und Jagd zuständige Ministerin.“

2 Gedanken zu “Äußerste Zurückhaltung beim Abschuss von Hunden

  1. Das eine kleine Minderheit(Jäger) das Recht hat, Hunde und Katzen der Anwohner und Spaziergänger zu erschießen, ist eine Frechheit und bringt nur Leid und Trauer bei den betroffenen Tierbesitzern.
    Es ist daher Zeit für eine Jagdreform, in der es nicht mehr erlaubt ist, tausendfach Haustiere zu töten.

  2. In wildbiologischen Studien tauchen Haustiere als Mortalitätsfaktor für die betreffenden Forschungsobjekte in aller Regel nicht einmal auf; nur ein geradezu lächerlich kleiner Teil der jagdbaren Tiere fällt Hunden und Katzen zum Opfer. Dennoch haben Jäger das Recht, im Rahmen des sogenannten Jagdschutzes vermeintlich wildernde Hunde und Katzen zu erschießen im Falle von Katzen bereits dann, wenn sie sich nur wenige hundert Meter von nächsten bewohnten Haus befinden. Offensichtlich macht die Jägerschaft davon regen Gebrauch. Zwar werden keine offiziellen Abschußstatistiken geführt, doch wird die Anzahl jährlich von Jägern getöteter Haustiere auf 350.000 bis 600.000 Katzen und 30.000 bis 60.000 Hunde geschätzt.

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