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Bürgermeister-Treffen zum Thema gesundheitliche Versorgung im VogelsbergGegen Ärztemangel: „Ziel ein gemeinsames Konzept“

LAURTERBACH (ol). „Welche Aufgabe sollen die Kommunen und der Vogelsbergkreis  bei der Gestaltung der zukünftigen gesundheitlichen Versorgung einnehmen?“ Dies stand als eine zentrale Frage im Mittelpunkt einer Bürgermeisterversammlung zum Thema der ärztlichen Versorgung im Vogelsberg, zu der Landrat Manfred Görig eingeladen hatte.

In einem einführenden Referat stellte Dr. Sigrid Stahl von der Fachstelle „Gesundheitliche Versorgung“ zunächst Zahlen aus dem Vogelsbergkreis vor: Demnach verteilen sich aktuell 72 Hausärzte auf 48 Standorte, bis auf Lautertal hat jede Gemeinde eine Hausarztpraxis. 40 Prozent der niedergelassenen Hausärzte sind zwischen 50 und 59 Jahre alt, rund 37 Prozent sind 60 Jahre und älter.

Bei einem angenommenen Renteneintritt mit 65 Jahren müssten 2020 schon 49 Prozent der Hausarztpraxen wiederbesetzt werden, bei den Fachärzten werden ebenfalls jeweils die Hälfte aller heute noch praktizierenden Augen-, HNO-Ärzten und Urologen ausgeschieden sein. Ein ähnliches Bild bei den Apotheken: Zurzeit sind es kreisweit 29, das Durchschnittsalter der Inhaber liegt bei 55 Jahren. Auch dort wären bis zum Jahr 2025 bei einem angenommenen Renteneintritt mit 65 Jahren 18 Nachfolger nötig.

„Individuelle Lösungen bringen uns nicht weiter. Wir werden in Zukunft von den derzeit 48 Standorten  auf eine weit geringere Anzahl an allgemeinmedizinischen Praxen kommen, das legen die Zahlen und die Vorstellungen der jungen Medizinerinnen nahe.“, so fasste Landrat Manfred Görig zusammen.

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Dr. Antje Erler vom Institut für Allgemeinmedizin der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt berichtete über innovative Praxisbeispiele der medizinischen Grundversorgung.

In einem Fachreferat gab Dr. Antje Erler von vom Institut für Allgemeinmedizin der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main dann einen Überblick über bundesweite Modelle innovative Gesundheitsversorgung. Sie leitet ein von der Robert Bosch Stiftung gefördertes Projekt mit dem Namen „InGe – Innovative Gesundheitsmodelle“. Dabei geht es darum, deutschlandweit erfolgreiche Modelle, Ansätze und Ideen zur gesundheitlichen Versorgung systematisch zu sammeln, ihre Übertragbarkeit auf andere Regionen zu prüfen und Akteure der Gesundheitsversorgung zu beraten (siehe auch: www.innovative-gesundheitsmodelle.de).

„In den letzten Jahren geht der Trend ganz eindeutig weg von der früher üblichen Einzelpraxis und hin zu größeren Einheiten“, hat Dr. Erler bei ihren Untersuchungen festgestellt. Zudem wünschen sie die zumeist jungen Ärztinnen flexible Arbeitszeitmodelle, die Möglichkeit der Teilzeitarbeit im Angestelltenverhältnis und kooperative Arbeitsmodelle.

In ihrem Vortrag führte Dr. Erler unterschiedliche regionale Gesundheitsmodelle aus, wobei sie zwischen Modellen auf Landes- oder Kreisebene, Modelle von Leistungserbringern und Modelle ländlicher Regionen unterschied. Die dargestellte Palette reichte von Gesundheits- und Geriatrienetzwerken über Praxisnetzwerke, zu Filialpraxen und rollenden Arztpraxen  weiter zu Gemeindeschwestern, Fallmanagementkonzepten und zu regional verankerten Gesundheitszentren.

Dr. Erler fasste die Bandbreite an Konzepten zusammen:  „Insbesondere im ländlichen Bereich könnten lokale Gesundheitszentren als Basis für die operative Umsetzung von Projekten und für die Integration und Kooperation von Gesundheitsnetzen, Präventionsangeboten, Mobilitäts- und Fallmanagementkonzepten dienen“. Sie erläuterte ein umfassendes Modell für eine regional vernetzte Versorgung im ländlichen Raum.

Im Mittelpunkt steht dabei eine regionale Steuerungsgruppe, deren Aufgabe es ist, aufbauend auf der Analyse der Ausgangslage zentrale Ziele und Handlungsfelder für eine Region zu identifizieren.
In der sich anschließenden engagierten Diskussion erörterten die Bürgermeister dann die vorgestellten Modelle. Im Ergebnis bestand Einigkeit darüber, dass Insellösungen einzelner Kommunen wenig zielführend seien. Vielmehr gehe es darum, dass einzelne Gemeinden in Zukunft von der Versorgung nicht abgehängt werden, sondern ein für die Region maßgeschneidertes Konzept der gesundheitlichen Versorgung für alle Kreisbewohner erarbeitet und anschließend umgesetzt  wird.

Dazu einigten sich die anwesenden Bürgermeister auf ein gemeinsames Vorgehen. Nächste Schritte werden eine im kommenden Frühjahr stattfindende regionale Gesundheitskonferenz sein, die Zusammenführung der bereits existierenden Arbeitskreise, die sich mit dem Thema befassen sowie die Einrichtung einer regionalen Steuerungsgruppe. Im Ergebnis soll am Ende  ein regionales Konzept zur Sicherung der gesundheitlichen Versorgung stehen.
„Wir müssen alle Beteiligten an einen Tisch holen, um die Entwicklung gemeinsam zu gestalten“, betonte Landrat Görig abschließend.

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