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Hinter den Kulissen des Alsfelder Carneval Club – Bericht und VideoDer große Spaß am gemeinsamen Stress

ALSFELD. Wenn sich am Samstag, 1. März, in der Hessenhalle um 19.31 Uhr der Vorhang hebt, dann muss alles fertig sein. Hunderte Zuschauer erwarten dann eine vierstündige Show, einen lustigen Abend beim Alsfelder Carnevalclub: Tänze, Sketche, Büttenreden, Geläster – es wird viel gelacht werden. Landauf, landab gilt jetzt: Der Beifall ist der Lohn vieler Mühen, die aber erst ein Blick hinter die Kulissen offenbart.

Was sich bei der großen Carnevalssitzung unter dem Vorsitz von Martin Reibeling alles so locker leicht präsentiert, dass wahrscheinlich kaum jemand über die Arbeit dahinter nachdenkt, ist tatsächlich das Ergebnis intensiver Proben. Jede Minute auf der Bühne ist schwer erarbeitet. Manche der 80 aktiven Darsteller in den neun Gruppen beim ACC sind einen großen Teil des Jahres damit beschäftigt – der Alsfelder Karneval also ein ständiges, geselliges Hobby.

In den verschiedenen Tanzgruppen zum Beispiel, die mit der Purzelgarde im zarten Alter von sechs Jahren beginnen und sich dann in bis zur Tanzgarde steigern, dem Aushängeschild des ACC. Quasi als Variante zum Gardetanz gibt es parallel die kleinere Showtanz-Gruppe, die unter der Leitung von Julia Geisel seit Wochen ihr spezielles Bühnenthema einstudiert – und zwar mit zunehmender Intensität. Begonnen hat diese Gruppe, beispielgebend für andere, aber bereits wenige Wochen nach dem Ende der vorherigen Kampagne.

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Einsatz für den Bühnenauftritt: Sängerinnen der Harlekins bei der Probe.

Die acht jungen Damen im Alter ab 15 Jahren üben in der Aula der Alsfelder Stadtschule – da wo mehrere ACC-Gruppen ihr Domizil haben: die Kinder der Purzelgarde, die Nixen – ein junges Männerballett – oder auch die Grüppchen des Showteams geben sich in diesen Wochen an der Tür quasi die Klinke in die Hand. Dort wird diskutiert, gebastelt, anprobiert und geprobt. Es wird gesungen, getanzt und geschwitzt, Woche für Woche. Bei den Gruppenleiterinnen und -leitern wohl noch ein bisschen mehr. Die müssen über Disziplin aus dem Spaß einen Auftritt formen. Das kann anstrengender sein als die Übung selbst.

Gefragt: Ganz viel Geduld

Nehmen wir zum Beispiel die 17-jährige Laura Schuchardt, die zusammen mit der 16-jährigen Nelly Amthauer die Purzelgarde betreut: einen Stall niedlicher Tanzmäuse ab sechs Jahre. Wie sie tollen, wie sie tanzen, bringt es Spaß zuzusehen. Laura und Nelly sehen das Treiben mit anderen Augen: Hier sind ihnen Gesichter zu ernst, dort Bewegungen zu wild – am Ende soll doch einen Fruchtsalat geben, was die Kleinen als Obstsorte auf der Bühne darstellen. Und zwischendurch muss auch mal ein enttäuschtes Kind getröstet werden. „Man braucht schon etwas Nerven“, sagt Laura. „Und ganz viel Geduld“.

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Wo fehlt’s denn? Laura Schuchardt inmitten ihrer kleinen Tänzerinnen.

Nicht unähnlich klingt Julia Geisel, die Leiterin der Showtanzgruppe. Von ihren acht Mädchen sind einige auch in der Tanzgarde aktiv. Der Showtanz unterscheidet sich vom Gardeauftritt durch eine spezielle Themenstellung, die die Tänzerinnen sich über das Jahr erarbeiten. Das beginnt vier Wochen nach der verherigen Kampagne: Als Ergebnis „langer Recherche im Internet“, so erklärt Julia Geisel, entschied man sich dieses Jahr für das Thema „Schmetterlinge“ . „Da kann jede mitsprechen“, erläutert die Leiterin den längeren Findungsprozess. Nach den Sommerferien geht es los mit den Proben für die Choreografie: Tänzerisch und dann auch noch karnevalsgerecht sollen auf der Bühne aus Raupen hübsche Schmetterlinge werden. Das klingt nicht nur nach Arbeit, das ist es auch. Die Trainerin lässt die Teenager trocken proben und die Choreografie immer wieder durchtanzen, bis die Wangen rosig feucht glänzen.

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Und was passt? ACC-Pressesprecherin Tanja Bohn (l.) probiert mit Mitstreiterinnen Kostüme aus.

Wer übrigens nach den Kostümen fragt, mit denen die jungen Damen schonmal optisch von Proben-Raupen zu Bühnen-Schmetterlingen wachsen werden, der bekommt auffallend oft einen Namen zu hören: Anette Blankenhagen. Sie näht unermüdlich, stattet nicht nur die Schmetterlinge aus, sondern zum Beispiel auch die Harlekins. Die findet man nicht in der Stadtschule, sondern im katholischen Pfarrzentrum beim Proben.

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Weitere Eindrücke in einer Fotogalerie.

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„Aktuelle Stimmungslieder und natürlich närrische, lokale Texte auf bekannte Melodien.“ So beschreibt der ACC selbst auf seiner Website die Gesangsgruppe Harlekins. In Dirndl und Lederhosen, soviel sei verraten, nehmen die Sängerinnen und Sänger auf der Bühne musikalisch Trends und Schieflagen aufs Korn. Dafür müssen denn so bekannte Stimmungsbringer wie „De Höhner“, die „Alpenrebellen“ und unvermeidliche Mitsinger wie „Country road“ herhalten. Aber auch dafür gilt: Übung macht den Meister. Zehn Treffen zu je zwei Stunden gibt es vor einem Sitzungsabend. Jedes beginnt unter der Leitung von Maria Lichter mit Tonleiter-Übungen zum Auflockern. Sie hört genau hin und stellt fest: „Man merkt, dass einige von Euch noch erkältet sind.“

Und weil Bewegung zum Auftritt dazugehört, muss auch die geübt werden. Das beginnt bei der Frage: Wie lange dauert es von den ersten Klängen des Auftritts, bis die 15-köpfige Gruppe die Mikrophone auf der Bühne erreicht? Reicht die Zeit bis zum Gesangsteil? Tische und Bänke  im Pfarrzentrum sollen die Bühne simulieren. Die Musik spielt, die Gruppe läuft – und tatsächlich: Bis der erste gesungene Ton gefordert wird, haben die meisten ihre Position erreicht. Das reicht, wird beschieden, mit acht Headsets sollte der Start in jedem Fall gelingen. Ob das Publikum solche Details bemerkt?

Von Axel Pries

 

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