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ASS-Theater: Die Eskalation einer harmlosen PartyBestie auf der Bühne voller Blut

ALSFELD (ol). Party, Drogen, Gewalt: Mit dem zweiten Theaterstück des ersten Schulhalbjahres haben sich junge Schauspieler der Albert-Schweitzer-Schule erneut an ein dramaturgisches Experiment gewagt: Die Schülerinnen und Schüler des Kurses Darstellendes Spiel zeigten unter der Leitung von Martina Frische „House Party – Eine lange Partynacht und ihre Folgen“ – selbstentwickelt, inszeniert und blutrünstig.

Zur Vorstellung dieses Stücks hatte sich die Aula des Schulstandortes In der Krebsbach in eine Partyzone verwandelt: Luftschlangen, Getränke in großer Menge, laute, grelle Partymusik. Die junge Meute – ein Sammelsurium aller Klischees, die man unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen antreffen kann – tanzt, knutscht, streitet. Bis der Pizzabote kommt und sich in kleinen Gesprächsfetzen erste Charaktere offenbaren: Da ist die Dicke Babsi, die aus Frust über ihr Leben auch gerne mal vier, fünf Pizzen in sich hineinstopft, aber unglücklich ist über ihr Aussehen. Dabei finden die Jungs sie nur kurvig….

Der Pizzabote würde gerne was mit ihr anfangen, aber er weiß nicht wie, und kriegt Tipps vom gutaussehenden Roman: „Ein Mann hat Brust, was zwischen den Beinen und keine Hüfte“. Ob der Spruch „Deine Augen sind schön wie die Salami“ jedoch zum Erfolg führen wird, auch wenn er vom Pizzaboten kommt, bleibt zunächst ungewiss, unterstreicht aber die Komik, die die jungen Theaterautoren ihrem Stück verpasst haben. Genauso wie die akkurate Mischung aus Kanaksprak und HipHop-Slang, die der coole Rapper Keith zum Besten gibt, oder das unvermeidliche „Ey, Altha“, mit dem sich die Partybesucher unentwegt ansprechen.

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Babsi kurz bevor sie zur Bestie wird.

 

Der schöne Roman aus gutem Hause ist bereits seit fünf Jahren mit Julia zusammen – sie erfüllen das Klischee der zukünftigen Bankkaufleute, Rechtsanwälte oder Betriebswirte. Doch so langsam wird es dem jungen Mann zu eng. Dealer Nick weiß Rat. Er verkauft dem Mann, der nicht einmal Alkohol trinkt, einen Trip Crystal, vermischt mit Ecstasy. „Komm, wir gehen zusamm‘ den Bach runter“, dröhnt es aus den Boxen, während sich ein spießiger Typ in einen Aufreißer verwandelt, der sich auf der Toilette anderweitige Gesellschaft sucht.

Dorthin zieht sich auch eine Anti-Partygängerin mit ihrem Buch zurück. Von der mit allen Wassern gewaschenen Party-Queen Chantal lässt sie sich jedoch gerne beraten und kommt im hippen Party-Outfit grell geschminkt zurück. Ihre Verwandlung dazu kann das Publikum auf dem Bildschirm verfolgen. Geschwächt vom Alkohol verschläft sie jedoch nun die halbe Party. Kurz erwacht, beichtet sie Dealer Nick, dass sie gerne viel cooler wäre. Auch für sie hat er einen netten Trip im Angebot. Völlig fertig schleppt sie sich umher, der Dealer nimmt sie mit, und Roman und er fragen sich, ob sie wohl für beide reicht. Die Party eskaliert. Im Dunkeln fallen beide über das wehrlose Mädchen her.

Immer offensichtlicher grassiert Nick als das personifizierte Unheil, der heimliche Regisseur der Party, durch das Geschehen. Während eine witzig verfremdete Nachrichtensprecherin noch die (reale) verheerende Wirkung von „Cloud Nine“ bekanntgibt – Konsumenten greifen Menschen an, zerfleischen sie bis hin zu Kannibalismus –, macht der Dealer sich an die unglückliche Babsi ran. Er verspricht er, sie würde mit seiner Droge abnehmen. Zum Opfer fällt ihr im Rausch der Pizzabote…

So unvermittelt wie es begonnen hat, ist das Stück mit dieser blutrünstigen Szene zu Ende. Für die meisten Gäste hat die Party kein gutes Ende genommen, obwohl sie harmlos begann: ein junger Mann wurde zum Vergewaltiger, eine junge Frau sein Opfer, eine andere verlor ihren Freund, wieder eine wurde zur blutrünstigen Bestie, ein junger Mann ihr Opfer. Sehr plakativ präsentierten die jungen Schauspieler und Theaterautoren die Verwandlung von Menschen durch den Konsum von Drogen. Leidenschaftlich, hingebungsvoll und authentisch zeichneten sie ihre Figuren.

Das abrupte Ende verstört: Die Folgen der Partynacht bleiben der Fantasie der Zuschauer überlassen – Auflösung nicht in Sicht.

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Beeindruckend verstörend: die Darsteller des Theaterstücks an der ASS.

 

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