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Der Alsfelder Kultgaststätte droht die SchließungDie letzte Weihnachtsparty im Filou?

EXKLUSIV ALSFELD. Als über die Weihnachtszeit wohl über Tausend junge Leute in der Alsfelder Musikkneipe „Filou“ fröhliches Wiedersehen feierten, da ahnte kaum jemand mehr als das Gerücht, das umherging und mehr Wahrheit enthält als gewünscht: Dies könnte die letzte Weihnachtswoche in der Kultkneipe gewesen sein. Es ist nicht entschieden, aber alle Zeichen deuten darauf hin: Mitte des Jahres muss das „Filou“ schließen. Nicht nur die Betreiberin ist bestürzt.

Die vage Nachricht, das „Filou“ könnte im neuen Jahr aufhören, verbreitete sich in Windeseile in der Stadt, hinterließ bei vielen Menschen schlicht Bestürzung. Kein Wunder, gilt die Gaststätte am unteren Ende der Hersfelder Straße in den bald 25 Jahren ihres Bestehens doch längst als „Wohnzimmer“ der Jugend, in dem Generationen heute längst erwachsener Oberhessen ihre Teenager-Jahre verbracht haben. Das „Filou“ ist Begegnungsstätte junger Vogelsberger, Erinnerungsstätte legendärer Musikkonzerte, Geburtsstätte mancher Musiker-Karriere und bis heute eines der friedlichsten Lokale der ganzen Region – eines, in dem „Frauen auch alleine ausgehen können, ohne belästigt zu werden“, wie eine Besucherin einmal ausdrückte. Mitten drin als „Mutter“ in vielen Lebenslagen: Inhaberin Antje Klee.

In der Ferienzeit rund um Weihnachten und Silvester gerät das Filou endgültig zum Mittelpunkt der Region: Dann treffen sich dort unzählige Studenten und ehemalige Alsfelder, die sonst über die ganze Welt verstreut sind. Es ist die Zeit der brechend vollen Partyabende mit Tausenden Umarmungen. So auch noch bis vor wenigen Tagen.

Drohung mit der Kündigung

Für „Antje“, wie die Wirtin von den meisten Gästen so schlicht wie respektvoll genannt wird, begann das Problem im November, als die Krankengymnastikpraxis im gleichen Haus die Pforten schloss. Wegen der Gaststätte, so wurde ihr beschieden, seien die darüber liegenden, nun leerstehenden Räume und auch die Wohnung ganz oben im zweiten Stock nicht mehr zu vermieten. Die Vermieterin habe mit der Kündigung gedroht, wenn die Wirtin nicht bestimmte Bedingungen erfüllen würde.

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Gefüllt mit Jugend und Stimmung: So kennt man das „Filou“ in Konzertnächten. Foto: Auel

Indes: Keine der Bedingungen könne sie erfüllen, betont Antje Klee mit Unverständnis. Sie könne weder das Lokal ab 22 Uhr schließen, wie gefordert werde, noch könne sie die um fast 50 Prozent erhöhte Pacht bezahlen, mit der sie Mietausfälle ausgleichen solle. Die 55-Jährige schimpft: „Fast die ganze Zeit, während all‘ der Jahre, war die Wohnung vermietet. Jetzt auf einmal soll ich Schuld sein, dass sie leersteht? Nach so vielen Jahren ist das Filou auf einmal zu laut?“ Das seien alles unerfüllbare Forderungen. Aber: Mehrere Gespräche zwischen der Wirtin und der Mieterin brachten keine Annäherung. Die formale Kündigung hängt in der Luft, ist aber noch nicht ausgesprochen.

Von der Vermieterin gab es gegenüber Oberhessen-live derweil trotz mehrerer Versuche und einem kurzen Telefonkontakt keine Stellungnahme.

Hoffnung auf eine Wende in letzter Minute

Nun hoffen viele Alsfelder noch auf eine Wende, die um ihre in der Region einzigartige Kultstätte fürchten. Auch Alsfelds Bürgermeister Stephan Paule, der selbst als junger Mann gerne dort Gast war, zeigte sich bereit, in der Sache ein gutes Wort für das „Filou“ einzulegen. Was viele Leute, die die Geschichte kennen, verwundert: Angesichts einer wachsenden Zahl leerstehender Wohn- und Gewerberäume erscheint kaum verständlich, dass man einer langjährigen Pächterin kündigt und in der Folge zu erwartende, jahrelange Mietausfälle hinnimmt – von fälligen Investitionen zu schweigen. Die Frage kommt auf: Was kann man davon haben?

Eine Frage, die Antje Klee existenziell beschäftigt: Wie kann es für eine erfahrene Wirtin und Mutter im Alter über 50 weitergehen? Es gibt theoretisch andere Räumlichkeiten für andere Gaststätten. Aber Antje Klee schüttelt den Kopf: Das „Filou“ ist für sie mehr als irgendein Lokal. „Ich will nicht irgendein Objekt. Ich will das Filou – auch um den jungen Leuten einen Platz zu bieten. Wo sollen die Jugendlichen denn künftig hingehen?“

Von Axel Pries

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Leerstand droht: das Filou-Gebäude in der Hersfelder Straße. Foto: aep

 

 

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